Mein Name ist Gerold Jäggle, ich bin Bildhauer mit Schwerpunkt auf dem Metallguss. Ich arbeite abwechselnd in drei Ateliers: in Ertingen, Stuttgart und Paris. Mein unverwechselbares Markenzeichen sind die "Keltischen Güsse".
Dennoch sehe ich mich nicht in der Tradition der Künstler, die sich teilweise mit großem Erfolg auf ein Markenzeichen spezialisiert haben. Vielmehr greife ich Ideen auf, die sich aus meinem "everyday life" ergeben und forme daraus Skulpturen, Drucke oder auch Filme (siehe "Blick ins Atelier"). 
Als Serie sind im Lauf der Zeit die "Stiere" entstanden, deren Nukleus in Herbertingen vor der Rinderunion und bei Lyon vor der UCEF, der Union der Charolais-Züchter, steht, oder auch die Drucke, die auf mein Interesse an gegossenem Metall (in Form von Schachtdeckeln) zurückgehen. 
Die Begegnung mit meinem Nachbarn Richard Metz führte zur YouTube-Reihe "Kanal Dialäkt", die auch als Ursprung meiner Leidenschaft für Kurzfilme gelten kann. "Kanal Dialäkt" gehört mit über 100.000 Klicks zu den erfolgreichsten Dialektfolgen überhaupt.
Ich sollte noch erwähnen, daß das konventionelle Ausarbeiten eines Portraits eine - wenn auch in Bildhauerkreisen selten gewordene - Leidenschaft von mir ist. Zu meinen Portraitierten gehören Ernst Jünger, Martin Walser, José Saramago und Hans Liebherr, um die Bekanntesten zu nennen. Ihr findet auf dieser Seite Bilder und Geschichten, die sich mit diesen Begegnungen verbinden.
Zu meinen bekanntesten Arbeiten gehören die "peanuts für die Deutsche Bank" und die "Skulptur LNN", für die ich in Rom gemeinsam mit Wim Wenders den Premio Europeo Capo Circeo entgegennehmen durfte.
Ein Interview der Schwäbischen Zeitung gibt einen Einblick in mein Denken und meine Arbeit:

10 Fragen an Gerold Jäggle, Schwäbische Zeitung 8.8.2018

Was war Ihr Berufswunsch als Kind?
Ich habe mit der Eisenbahn gespielt und Schiffe aus Streichhölzern gebaut. Aber an einen Berufswunsch kann ich mich nicht entsinnen.
Welches Ereignis hat Sie am meisten beeindruckt?
Tiefen Eindruck hat bei mir Steve Jobs hinterlassen. Ich war dabei, als er 2007 in Paris das erste iPhone vorgestellt hat. Das Besondere daran war, daß er vom ersten Moment, als er auf die Bühne kam, ein Teil des Publikums war. Kein Vortragender, vielmehr einer von uns.
In welcher Epoche würden Sie gerne leben?
Ich interessiere mich sehr für Geschichte, aber leben möchte ich in der heutigen Zeit.
Wann haben Sie sich zum letzten Mal so richtig gefreut?
Eine große Freude überkommt mich, wenn ich spüre, daß ich die richtige Idee entwickelt habe. Das war 2017 die Skulptur „Brezeltisch“ und der „Kanal Dialäkt“, 2021 die „Barocken Köpfe“. Etwas Neues entwickeln und spüren: es passt!
Welches Buch liegt auf Ihrem Nachttisch?
Dieses Jahr habe ich Martin Walser „Ein springender Brunnen“ wiedergelesen. Die brillante Darstellung seines Heimatdorfes Wasserburg am Bodensee in den 30-er Jahren, wie der Nationalsozialismus langsam in die Dorfgesellschaft einsickert und seine widerlichen Formen entwickelt.
Welchen Film können Sie immer wieder anschauen?
„Paper Moon“ von Peter Bogdanowitsch, mit Tatum O’Neal und Ryan O’Neal. Weitere Favoriten sind „Welcome to Wellville und „Schtonk“. Bester deutscher Film ist für mich „Das Boot“.
Verraten Sie uns Ihren Lieblingsplatz? Und warum sind Sie gerne dort?
Am liebsten sitze ich am Küchentisch und hecke was Neues aus.
Wem würden Sie gerne mal so richtig die Meinung sagen?
Allen, die meinen, sie wüssten es besser. Und denen, die nicht zuhören können. Und dann noch denen, die glauben, die Lösungen für heutige Probleme lägen in der Vergangenheit.
Was möchten Sie in Ihrem Leben unbedingt noch machen?
Wenn ich morgen sterbe, dann sage ich mir: du warst glücklich, du hast gut gelebt, du hast mehr draus gemacht als man von dir erwartet hat, also was willst du noch mehr?
Wenn Sie einen Tag lang jemand anders sein könnten, wären Sie …
… ein Kelte auf der Heuneburg vor 2500 Jahren.


Gerold Jäggle: Rede zur Preisverleihung des Premio Europeo Capo Circeo am 21.10.2016


Mille grazie per il Premio Europeo Capo Circeo. Ne sono honorato!    Vielen Dank für diesen Preis, ich fühle mich sehr geehrt!
Ich freue mich, daß Sie mir Gelegenheit geben, mich und meine Arbeit vorzustellen. Aus der Laudatio ging hervor, daß meine vielfältigen Verknüpfungen mit europäischen Themen Anlass waren, mir diesen Preis zu verleihen. Dazu gehören meine Tätigkeiten insbesondere in England und Frankreich, aber auch in meiner Heimat. Als Beispiel nannten Sie das Europäische Bildhauersymposium in Oggelshausen. Ein Kennzeichen meiner Arbeit sei der Ausdruck „gemeinsamer europäischer kultureller Identität“.

Aus den vorhergehenden Reden ging hervor, daß dieser Preis großen Wert legt auf die europäische Integration. Insbesondere ein besseres Verhältnis zu Russland war vielen meiner Vorrednern ein wichtiges Anliegen. Es wurde deutlich, daß das gemeinsame Ziel, das wir verfolgen, die Erhaltung des Friedens ist. 
Die Laudatio zu meinen Ehren brachte zum Ausdruck, daß ich diesen Preis für meine „Skulptur LNN“ erhalte, die im Auftrag der Firma Liebherr vor dem neuen Werk in Nischni Nowgorod aufgestellt wurde. Die neun Meter hohe Bronzeskulptur steht als Symbol für die guten Beziehungen zu Russland und seinen Menschen. 

Isolde Liebherr und Willi Liebherr im Vorwort zum Buch „Eine Skulptur für Russland“: „Wir freuen uns, mit dieser Bronzeskulptur ein Zeichen der Völkerverständigung setzen zu können.“
Die Gestaltung der Skulptur ist bewusst dem Konstruktivismus, einer bis heute relevanten russischen Kunstbewegung der 20-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, angelehnt.

Nach der Oktoberrevolution 1917 schaute ganz Europa gespannt nach Russland, wie das kommunistische Experiment verlaufen würde. Es folgte eine Blütezeit in der Musik, Literatur, in der bildenden Kunst und in den Wissenschaften. Wladimir Tatlin (1885-1953) und Kasimir Malewitsch (1878-1935) prägten die Epoche der russischen Avantgarde. Wladimir G. Schuchow (1853-1939) entwickelte die Leichtbauweise in Stahl, die vollkommen neue Tragwerke ermöglichte. 

Die Hungersnot in Russland von 1929 und die folgende Stalin-Ära setzten den fortschrittlichen Kräften ein Ende. Es folgte die Zeit der Verfolgungen, der zweite Weltkrieg, unter dem Russland litt wie kein anderes Land, dann der Kalte Krieg. Die avantgardistischen Kräfte wurden ausgeschaltet zugunsten einer ideologisch begründeten Stilrichtung, dem Sozialistischen Realismus, einer staatlich verordneten Denkmalskunst. Die Politik bestimmte fortan, was Kunst ist, wie sie auszusehen hat und wem sie dienen soll.

Die „Skulptur LNN“ knüpft an die kreativen 20-er Jahre des letzten Jahrhunderts an und schlägt einen Bogen über den sogenannten „Sozialistischen Realismus“ in die Zeit nach dem eisernen Vorhang.
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